5 Situationen, in denen es sich definitiv lohnt, Produktivität zu opfern

Produktiver zu sein ist etwas Gutes.

Je produktiver wir sind, umso mehr erreichen wir in der Arbeit, zu Hause, in der Schule und in jedem anderen Bereich unseres Lebens. Um uns hier zu helfen, sind zahlreiche Produktivitätstools auf den Markt gekommen. Diese Tools versprechen, Einzelpersonen und Unternehmen effizienter zu machen …und die meisten machen auch das, was sie versprechen (die meiste Zeit).

Produktivitätstools sind aber nicht in jeder Situation eine positive Kraft.

Interessanterweise führte die Menge an Produktivitätstools, die es heute gibt, nicht unbedingt dazu, dass die Produktivität entsprechend gestiegen ist, verglichen mit den Jahren, als es die meisten dieser Technologien noch nicht gab. Es gibt zahlreiche Situationen, in denen Produktivitätstools und -ziele negative und ungewollte Konsequenzen haben, so wie diese:

1. Seinen Posteingang auf null bringen

E-Mails sind heutzutage die Nummer 1 in der Unternehmenskommunikation; fast eine halbe Billionen E-Mails werden jeden einzelnen Tag gesendet. Arbeitsanweisungen, Kundenanfragen, Diskussionen zur Produktentwicklung und langfristige Unternehmensstrategien sind nur einige der Themen, die per E-Mail besprochen werden. Wegen der Wichtigkeit von E-Mails gibt es Dutzende von Produktivitätstools, die Nutzer dabei helfen sollen, die Zahl der ungelesenen, nicht beantworteten und nicht bearbeiteten E-Mails auf null zu bringen.

Auf den ersten Blick ist das ein empfehlenswertes Ziel, E-Mails helfen aber dabei, ein Geschäft abzuschließen und stoppen diese nicht von vornherein. Man kann so vertieft darin sein, seinen E-Mail-Posteingang zu verwalten, dass man nicht genügend Zeit darauf verwendet, seine Arbeit zu erledigen. In diesem Fall heißt das nicht unbedingt, dass es ein Spitzenwert für ein Unternehmen ist, wenn man seinen Posteingang auf null bringt.

2. Mehrere Produktivitätstools nutzen

Viele Produktivitättools wurden so entwickelt, dass sie nur ein Problem angehen: Es gibt Tools, die konzentrieren sich auf Kaltakquise, andere auf den Ausbau der Führungsposition, auf die Buchhaltung, das E-Mail-Management, Zeitmanagement, Netzwerkmanagement und Projektmanagement und vieles mehr. Viele Unternehmen haben daher Dutzende von Produktivitätstools, auch wenn diese teilweise überlappende Funktionen haben.

Nach Siftery nutzen Salesforce, Facebook und Apple jeweils gigantische 559, 314 und 287 Tools. Das hört sich nicht nach einer großen Sache an, da diese drei Beispiele hochprofitable Unternehmen mit Milliardenumsatz sind, die überwältigende Mehrheit von Unternehmen hat aber nicht diesen Luxus voller Kriegskassen, d.h. jedes zusätzliche Tool ist eine Ausgabe, die sich ein Unternehmen kaum leisten kann. So können sie z.B. nur ein einzelnes Protokolltool nutzen, um die Netzwerkaktivitäten nachzuverfolgen,, statt mehrere Tools zur Nachverfolgung zu nutzen, die andere Anwendungen beeinträchtigen.

Kosten entstehen auch dadurch, dass man sicherstellen muss, dass die Tools untereinander und mit anderen Unternehmensanwendungen kompatibel sind. Diese Kosten können beträchtlich sein. Irgendwann kommt auch der Punkt, dass die Ersparnisse durch den Einsatz vieler Produktivitätstools geringer sind als die Kosten, die durch den Kauf dieser Tools, das Erhalten und die Integration entstehen.

Es kommt auch darauf an, für welche Tools man sich entscheidet. Sie können viel Geld sparen, indem Sie sich für ein einfaches Tool entscheiden, wie Nozbe: Diese App erfasst verschiedene Facetten Ihrer täglichen Arbeit und hilft Ihnen dabei, Ihre Zeit, Projekte, Aufgaben und To-dos zu verwalten sowie leicht in einem Team zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten.

3. Richtiges Multitasking

Wenn man ein Produktivitätstool nutzt, muss man oft mehrmals am Tag zwischen den Tools und anderen Unternehmensanwendungen hin und her springen. In großen Unternehmen, in denen Hunderte von Tools genutzt werden, arbeitet der durchschnittliche Mitarbeiter mit einem Dutzend oder noch mehr Anwendungen pro Tag. Solch ein Multitasking zwischen Anwendungen scheint eindrucksvoll, da der Nutzer anscheinend seine Ziele auf mehreren Fronten erreicht.

Studien haben aber das Gegenteil ergeben: In Wirklichkeit reduziert Multitasking die Produktivität, ordentliches Handeln wird verhindert und kluge Priorisierung erschwert. Sobald man zu einer anderen Anwendung wechselt, braucht man einige Minuten, um seine Arbeitseinstellung zurückzugewinnen, seine Gedanken wieder zu sortieren und sich auf die vor ihm liegende Aufgabe zu konzentrieren. Haben diese Produktivitätstools eine mobile App-Version, ist es schlimmer, da die ständigen Benachrichtigungen ablenken.

4. Effektiver Perfektionismus

Mit Produktivitätstools können Sie die höchste Qualität und die maximale Leistung bei Ihrer Arbeit erreichen – was lobenswert ist. Produktivitätapps können einen aber auch in einen teuflischen Zyklus hineinziehen: einen Perfektionismus zu verfolgen, der nicht erreicht werden kann.

Denken Sie z.B. an Produktivitätapps auf unseren Smartphones, die von einigen der größten Cloud-Anbieter auf unserem Planeten betrieben werden. Weder günstige Webhosts noch Cloud-Computing-Riesen wie Google, Microsoft und Amazon garantieren ihren Kunden 100 % Betriebszeit; im besten Fall sind es 99,99999 %.

In einer aktuellen Analyse zur Betriebszeit, die Gary Stevens (Technischer Direktor von HostingCanada.org) veröffentlichte, wurde festgestellt, dass sich sowohl die durchschnittliche Ladegeschwindigkeit als auch die durchschnittliche Betriebszeit unter den Top-Hosting-Dienstleistern stark unterscheiden – mit Geschwindigkeiten von 335 ms bis zu 7502 ms und einer Betriebszeit von 99,993 % in der Spitze und 97,643 % am unteren Ende. Das ist ein Unterschied von 2,35 %. Je günstiger das Webhosting, desto mehr Ausfallzeit wird erwartet. Eine größere Ausfallzeit bedeutet aber das Risiko von weniger Besuchern Ihrer Website.

Stellen Sie sich nun vor, diese Unternehmen entscheiden sich, alles, woran sie gerade arbeiten, stehen und liegen zu lassen und ihre Energie darauf zu verwenden, 100 % Betriebszeit zu erreichen. Die Zeit und die Kosten, die man braucht, um dieses perfekte Ziel zu erreichen, würde bei Weitem jeden Vorteil überwiegen, den man dadurch gewinnt, wenn man die Verlässlichkeit um 0,0002 % steigert.

Deswegen sind Produktivitätstools, die Perfektionismus betonen, kontraproduktiv. Ziel der Arbeit sollte erstmal sein, die Aufgabe zu beenden und nicht, sie perfekt zu erledigen.

5. Umfassende To-do-Liste

Viele Produktivitätapps wurden entwickelt um sicherzustellen, dass nichts übersehen wird. Das basiert auf der Idee, dass einige der Aufgaben nicht beendet werden – aber nicht, weil der Mitarbeiter sie nicht beenden will oder es nicht kann, sondern einfach, weil er die Aufgabe vergessen hat. Um dieses Risiko – eine Aufgabe unbeabsichtigt zu übersehen – zu reduzieren, erstellt dieses Tool u.U. eine enorme To-do-Liste, die komplett an einem Tag erledigt werden soll, denn nur dann gilt sie als beendet.

Eine lange Liste mit Aufgaben kann aber den gegenteiligen Effekt haben. Niemand hat unbegrenzt Zeit, Energie und Hilfsmittel zur Verfügung. Eine lange To-do-Liste kann dazu führen, dass sich der Nutzer überfordert fühlt und er seine Arbeit verschleppt, da er Schwierigkeiten hat sich zu entscheiden, womit er beginnen soll.

Zusammenfassung

Was ist also die Lösung? Unternehmen und Einzelpersonen können davon profitieren, wenn sie auf ein Produktivitätsproblem nicht immer mit Technologie antworten. Glaubt man, seine Produktivität wird behindert und will dies mit einem Tool lösen, ist das Problem tatsächlich eher oft, wie man arbeitet. Hier ist eine nachhaltigere (und günstigere) Strategie, eine neue Mitarbeiterführung zu finden, mit dem Vorsatz, Probleme zu lösen und nach direkten Lösungen gegen Unwirtschaftlichkeit zu suchen.

Wenn man z.B. die Anzahl von Mitarbeiterbesprechungen kürzt, hätten die Mitarbeiter mehr Zeit, ihre Arbeit zu erledigen – und das steigert die Produktivität. Im Grunde sind viele Besprechungen völlig unnötig. Aber auch wenn sie nötig sind, zeichnen sich Besprechungen oft durch große Unwirtschaftlichkeit aus; dazu gehört auch, dass man der Besprechung standardmäßig einen unnötig langen Zeitblock einräumt. Besprechungen zu kürzen ist eine nicht technische Lösung, die sich aber in erheblicher Produktivität auszahlt.

Technologie ist ein mächtiger Verbündeter. Es ist aber wichtig, dass Unternehmen erkennen, wenn Technologie die Grenzen überschreitet und zu einer Last wird.

Sam Bocetta
Sam Bocetta ist freiberuflicher Journalist, spezialisiert auf US-Diplomatie und nationaler Sicherheit. Sein Fokus sind Technologietrends in Cyberwar, Cyberabwehr und Kryptographie.